Lehrerbeurteilungen – Grundlagen, Fehler und Formulierungen

23.04.2012

Prinzipien für Lehrerbeurteilungen

Zur Aufgabe der Schulleitung gehört in der Regel die dienstliche Beurteilung der Kollegen. Sie kennen sicher die Sorgen und Ängste mancher Kollegen vor Ihrem Beurteilungsbesuch. Sorgen Sie durch Ihr eigenes Verhalten für einen entspannten Umgang miteinander. Schaffen Sie durch Transparenz Sicherheit. Halten Sie sich an folgende 6 Prinzipien:

Legen Sie die Kriterien der dienstlichen Beurteilung offen

Dies kann in einer Lehrerkonferenz oder in einem Gespräch stattfinden.
Die wichtigsten Faktoren sind

  • das didaktisch-methodische Vorgehen,
  • der Grad der Schüleraktivierung,
  • der Leistungsstand der Klasse,
  • das erzieherische Wirken,
  • die Vermittlung von Arbeitstechniken,
  • der Medieneinsatz.

Vermeiden Sie Formfehler

Darf der Zeitpunkt des Unterrichtsbesuchs angekündigt werden? Beachten Sie die Vorgaben in Ihrem Bundesland. Denken Sie daran, keinen Formfehler zu machen, denn die dienstliche Beurteilung hat einen hohen Rechtscharakter.

Kommen Sie pünktlich zu Beginn der Unterrichtsstunde

Betreten Sie möglichst zusammen mit dem Lehrer das Klassenzimmer, sodass die Stunde mit Ihnen beginnt. Kurz danach hereinzukommen bringt Ihnen den Ruf eines Kontrolleurs ein.

Nehmen Sie sich Zeit

Reservieren Sie sich besonders die ersten Male auf jeden Fall eine ganze Schulstunde Zeit für den Besuch und ebenso viel für das anschließende Feedback. So verschaffen Sie sich einen umfassenden Eindruck und können einen gegenseitigen Austausch im Gespräch realisieren.

Sprechen Sie Verbesserungen an

Vergleichen Sie mit vorausgegangenen Beobachtungsgelegenheiten. Melden Sie Ihrem Kollegen Steigerungen deutlich zurück und ermutigen Sie ihn so zum Voranschreiten auf seinem Weg.

Nutzen Sie den Besuch und das Gespräch, um den Fortbildungsbedarf zu klären

Registrieren Sie Unterstützungsbedarf Ihrer Lehrer und leiten Sie davon Themenvorschläge für schulinterne Fortbildungen ab.

Praxistipp:
Lassen Sie sich einladen. Selbstbewusste Lehrer sind stolz auf ihre neue Unterrichtsmethodik oder auf die Selbsttätigkeit und Selbstständigkeit ihrer Schüler. Sie freuen sich, ein neues Projekt oder die Leseleistung ihrer Erstklässler vorzustellen. Schlagen Sie eine Einladung niemals aus. So vermeiden Sie ein Image als Kontrolleur und Fehlersucher. Führen Sie im Anschluss an den Besuch ein entspanntes Feedback-Gespräch.

Den gesamten Beobachtungszeitraum ausschöpfen

Ein faires, objektives und gerechtes Beurteilungsverfahren verlangt vor allem eine frühzeitige und klare Zielformulierung. Legen Sie deshalb mit jedem Ihrer Lehrer soweit möglich zu Beginn einer Beurteilungsperiode konkrete Ziele fest. Am besten eignet sich das Beratungsgespräch nach dem ersten Unterrichtsbesuch. So können Sie beim nächsten Besuch evaluieren, ob die Vereinbarungen umgesetzt wurden. Thematisieren Sie im Mitarbeitergespräch weitere Bereiche der Mitwirkung an der Schulentwicklung.

Müssen Ihre Lehrkräfte nun Angst haben, bei jedem Fauxpas einen Eintrag im Lehrerbeobachtungsheft zu bekommen? Wenn Sie dies so handhaben würden, wäre Ihr Führungsstil von Misstrauen und Fehlerkultur geprägt. Notieren Sie Beobachtungen, Vorfälle und Gespräche – doch natürlich beide Ausprägungen, positive wie negative. Vermeiden Sie außerdem im eigenen Interesse, aber auch im Sinn Ihrer Kollegen einen Hospitationsstau. Beginnen Sie bereits im ersten oder 2. Jahr mit den Besuchen, um verschiedene Eindrücke zu bekommen. Variieren Sie auch das Fach.

Konkrete Erkenntnisse in festen Beobachtungsfeldern gewinnen

Praxistipp:
Gehen Sie auf möglichst alle Leistungsbereiche und Eigenschaften ein. Das Fehlen eines Bereiches kann bei einer Personalentscheidung als Mangel gewertet werden.

Halten Sie deshalb Beobachtungen zur Qualität der Arbeitsergebnisse Ihrer Lehrer in allen Beobachtungsfeldern schriftlich fest, die in den Beurteilungsrichtlinien Ihres Bundeslandes festgelegt sind. In Bayern wird die fachliche Leistung besonders betrachtet:

•    Unterrichtsplanung und Unterrichtsgestaltung
•    Unterrichtserfolg
•    erzieherisches Wirken
•    Zusammenarbeit
•    sonstige dienstliche Tätigkeiten

Eignung und Befähigung beschreiben

Neben der Leistungsbeurteilung muss die Lehrerbewertung auch eine Einschätzung der Befähigung Ihrer Lehrer enthalten. Im Einzelnen sind dies:

•    Entscheidungsvermögen
•    Belastbarkeit
•    Einsatzbereitschaft und
•    Berufskenntnisse und ihre Erweiterung

Ein Gesamturteil bilden

Bilden Sie aus der Leistungs- und Befähigungsbeurteilung eine Gesamtbewertung. Doch setzen Sie dieses Gesamturteil keineswegs mit dem mathematischen Durchschnitt der Einzelbewertungen gleich. Das Gesamturteil muss schlüssig aus den Einzelbewertungen hervorgehen.

Erleichtern Sie sich die Einstufung Ihrer Lehrer: Definieren Sie dazu die mittlere Leistungsstufe, die solide und zufriedenstellende Arbeit einer Lehrkraft. In Bayern ist dies die Leistungsstufe 4. Im Anschluss fällt es Ihnen leichter, eine über dem Durchschnitt liegende (Stufen 3 bis 1) oder unter dem Durchschnitt liegende (Stufen 5 bis 7) Beurteilung einzuordnen. Bescheinigen Sie die Eignung für besondere Aufgaben, z.B. als Betreuungslehrer für Referendare oder für eine Funktionsstelle, z.B. in der Schulleitung. Stimmen Sie diesen letzten Schritt, je nach Vorschrift Ihres Bundeslandes, mit dem Schulrat ab.

Mit der Formulierung differenzieren

Wählen Sie am Schluss die passende Formulierung. Sie muss auf das Gesamtbild und auf die Beurteilungsstufe hinweisen. Denken Sie daran, dass die Formulierungen in der Dienstlichen Beurteilung keine leeren Worthülsen sein dürfen. Vielmehr müssen sie durch Ihre eindeutigen Beobachtungen und Erkenntnisse belegbar sein.

Behalten Sie außerdem die Zielsetzung im Auge: Sie soll die Leistungen anerkennen, zu weiterem Einsatz motivieren und eine sorgfältige Personalauswahl ermöglichen. Damit Ihnen dies möglichst gut gelingt, stellt der Bayerische Schulräteverband e. V. den Schulleitern „Arbeitshilfen zur Formulierung der Dienstlichen Beurteilung“ zur Verfügung.

Weitere Unterstützung und Hilfe bietet die CD-ROM „Dienstliche Lehrerbeurteilungen 2012„. Sparen Sie mit dem Programm für Schulleiter viel Zeit.


Angstfaktor Beurteilung

Die Abneigung gegen Beurteilungen äußert sich vor allem im Unbehagen vor Unterrichtsbesuchen der Schulleitung. Auf Kritik in Form einer „nur“ durchschnittlichen Bewertungsstufe in der Lehrerbwertung reagiert so mancher mit Rückzug. Doch das Hauptziel der dienstlichen Beurteilung ist die Qualitätssicherung von Unterricht. Sie stehen also vor der Frage: Wie können Beurteilung und Leistungsbericht dazu motivieren, sich noch mehr zu engagieren? 

Betonen Sie, welcher Zeitraum gilt

Die dienstliche Beurteilung ist keine Momentaufnahme. Vielmehr beziehen Sie Ihre Beobachtungen über Unterricht, Erziehen und schulisches Engagement über den gesamten Beurteilungszeitraum von 4 Jahren ein. Würdigen Sie also auch länger zurückliegende Leistungen. Damit Sie nicht in den Beurteilungsfehler „Der letzte Eindruck zählt“ verfallen, schreiben Sie Ihre Beobachtungen aus vielfältigen Situationen systematisch auf.

Nutzen Sie Unterrichtsbesuche zur Beratung

Führen Sie Unterrichtsbesuche nicht auf den letzten Drücker durch. Verteilen Sie sie auf den gesamten Beurteilungszeitraum. Ergreifen Sie viele Gelegenheiten zur Unterrichtsbeobachtung, z.B. wenn eine Lehrkraft Sie zu einer Projektpräsentation einlädt. Führen Sie nach jedem Besuch ein ausführliches Beratungsgespräch. So haben Ihre Lehrer Gelegenheit, Ihre Anregungen umzusetzen. Honorieren Sie Fortschritte, indem Sie dies der Lehrkraft rückmelden und es schriftlich festhalten.

Selbstevaluation und Feedback als Elemente der Schulkultur

Dienstliche Beurteilungen und Leistungsberichte sind besondere Formen der Rückmeldung über die Einschätzung des Geleisteten. Sind alle Kollegen gewohnt, auch bei anderen Gelegenheiten ein realistisches Feedback von Kollegen oder von Ihnen zu bekommen, lernen sie, dies als Hilfe zur persönlichen Entwicklung und zur Qualitätssteigerung von Unterricht zu nutzen. Ist an Ihrer Schule die „offene Klassenzimmertür“ selbstverständlich, gewöhnen sich Ihre Lehrkräfte an Besucher im Unterricht, z.B. wenn Sie neue Methoden im Englischunterricht erproben. Noch gezielter wird Feedback bei der kollegialen Hospitation gegeben. Regen Sie außerdem als Vorläufer die Selbstevaluation an, z.B. 1-mal in der Woche. Auch verschiedene Formen des Schülerfeedbacks eignen sich hierzu.

Geben Sie die Kriterien guten Unterrichts bekannt

„Unterricht ist persönlich und individuell.“ Solchen Worten Ihrer Kollegen können Sie guten Gewissens zustimmen. Doch ergänzen Sie: „Es ist richtig, viele Wege führen nach Rom. Doch nicht jeder Weg führt nach Rom!“ Sehr wohl gibt es wissenschaftlich fundierte Kriterien für guten Unterricht. Diese legen Sie bei der Einschätzung von Unterricht zu Grunde. Zeigen Sie auf, dass Sie auch darauf schauen werden, wie die Lernergebnisse ausfallen. Faktenwissen ist ebenso gemeint wie fachliche Kompetenzen.

Verdeutlichen Sie, was noch zählt

Unterrichten und Erziehen sind die Arbeitsschwerpunkte Ihrer Lehrer. Deshalb zählen die Leistungen in diesen Bereichen auch am meisten. Doch natürlich sprechen Sie in der dienstlichen Beurteilung und im Leistungsbericht auch an, wie Ihre Lehrkräfte die Aufgaben bewältigen, die neben dem Unterricht und vor allem in der Schulentwicklung anfallen. Besonders betrachten Sie auch, wie sie übertragene Aufgaben meistern, in denen sie Verantwortung übernehmen.

Informieren Sie über Recht und Zweck

Erläutern Sie die rechtlichen Eckpunkte der dienstlichen Beurteilung und des Leistungsberichts, die beamtenrechtlich festgelegten Fakten. Stellen Sie dabei die Funktion der beiden Beurteilungsformen heraus: Was Sie unter „Leistung“, „Befähigung“ und „dienstliche Verwendung“ in der dienstlichen Beurteilung schreiben, gewinnt vor allem bei der Bewerbung um ein Beförderungsamt an Bedeutung. Der Leistungsbericht stellt für die Lehrkraft in erster Linie eine Würdigung ihrer Arbeit dar. Mit Sicht auf Schule und Unterricht geht es außerdem um Qualitätssicherung. Betätigen Sie sich als „Schatzsucher“ statt als „Defizitfahnder“ Zücken Sie den Notizblock nicht nur dann, wenn ein Kollege gerade in ein Problem verwickelt ist oder einen Fehler gemacht hat. Andernfalls wird eine Vertuschungskultur um sich greifen. Betätigen Sie sich stattdessen mehr als Schatzsucher. Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das, was einem Kollegen gelingt. Sehen Sie seine Erfolge und Stärken, anstatt in erster Linie nach seinen Schwächen zu fahnden. Lassen Sie dies die Kollegen wissen. Führen Sie regelmäßig Zielvereinbarungsgespräche. Geben Sie ihnen dabei Gelegenheit, ihre Leistung darzustellen. So erfahren Sie von Aktionen und Besonderheiten, die Ihnen bisher verborgen blieben. Äußern Sie Kritik rechtzeitig. Zeigen Sie aus Ihrer Sicht auf, wo sich die Lehrkraft noch verbessern oder engagieren kann. Mit Zielvereinbarungen fasst die Lehrkraft Verbesserungen ins Auge. Nach einem vereinbarten Zeitraum betrachten Sie dann gemeinsam das Resultat, zuletzt bei der dienstlichen Beurteilung.

Eröffnen Sie Perspektiven und lassen Sie Ihre Lehrer spüren, dass Ihnen ihre Weiterentwicklung ein Anliegen ist!


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