Wegeunfall – Wann greift der Versicherungsschutz?

11.09.2019

Lange Dienstzeiten durch Unterrichtsverpflichtungen am Nachmittag schränken die zeitliche Flexibilität von Lehrkräften zunehmend ein. Was liegt also näher, als auf dem Heimweg notwendige Besorgungen für den Haushalt zu machen? Wenn dabei ein Unfall passiert, sind Haftungs- und Versicherungsfragen nicht immer einfach zu klären.

Praxisbeispiel: Claudia Marquardt, die stellvertretende Schulleiterin der Neustädter Realschule, musste am Nachmittag für den erkrankten Schulleiter Paul Sorgsam die turnusmäßig stattfindende Kollegenkonferenz mit den übrigen Neustädter Schulleitern leiten. Da sich die Diskussion in die Länge gezogen hat, wird ihre Zeit knapp, um ihre 5-jährige Tochter aus der Kita abzuholen. Diese schließt pünktlich um 16:30 Uhr.

Im Feierabendverkehr stauen sich die Autos stadtauswärts. Als die Ampel vor ihr von Grün auf Gelb wechselt, tritt sie aufs Gas, um diese Ampelphase noch zu schaffen. Der vorausfahrende Wagen legt jedoch eine Vollbremsung hin, um die Ampel nicht bei Gelb oder Rot nehmen zu müssen. Pech für Claudia Marquardt. Sie prallt auf das Heck des Wagens, und der Airbag geht auf. Schadenshöhe: 12.000 €. Claudia Marquardt selbst und der Fahrer des vorausfahrenden Autos erleiden eine Gehirnerschütterung und ein Schleudertrauma.

Rechtlicher Hintergrund bei einem Wegeunfall

Lehrkräfte sind grundsätzlich auf dem Weg zwischen Schule und Wohnung versichert. Dies gilt für jede Art des Transports. Unfälle, die zwischen Schule und Wohnung geschehen, werden als Wegeunfall bezeichnet. Wegeunfälle sind Dienstunfälle, sofern nicht Umwege gemacht wurden, die nicht versichert sind. Für Schäden bei Dritten haftet die dienstliche Unfallversicherung jedoch nicht.

In welchen Fällen liegt ein Wegeunfall vor?

Eigene Gesundheitsschäden sind über die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt, eigene Sachschäden nicht. Eine Haftung für Sach- und Gesundheitsschäden bei Dritten ist über den Unfallverursacher auszugleichen. Orientieren Sie sich an nachfolgenden Tipps.

1. Tipp: In diesen Fällen liegt ein Wegeunfall vor

Ein Unfall, der zwischen Wohnung und Schule passiert, konkret also auf dem Heimweg, ist grundsätzlich als Dienstunfall zu qualifizieren. Voraussetzung dafür ist, dass der gewählte Weg eng mit der schulischen Tätigkeit zusammenhängt. In diesem Zusammenhang spricht man dann auch von einem sogenannten Wegeunfall. Wie dieser Begriff genau definiert ist, sehen Sie hier:

2. Tipp: Umwege sind nicht versichert

Der unmittelbare Weg zwischen Wohnung und Schule als Arbeitsort ist immer versichert. Wenn Ihre Lehrkraft vom unmittelbaren Weg abweicht, kann ebenfalls Versicherungsschutz gegeben sein. Entscheidend kommt es darauf an, ob es einen engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang gibt zwischen der Fahrt von der Schule nach Hause und dem durchgeführten Umweg, z. B. zur Kita. Der Unfall aus dem Praxisbeispiel wäre damit versichert.

3. Tipp: Shopping und Bistro sind Privatvergnügen

Wenn Ihre Lehrkraft den Arbeitsweg unterbricht, um eine Freundin im Café zu treffen oder einen Einkaufsbummel in der Fußgängerzone zu machen, handelt es sich um nicht versicherte Tätigkeiten. Die dienstliche Haftung für etwaige Gesundheitsschäden im Zusammenhang mit einem Wegeunfall ist ausgeschlossen.

4. Tipp: Sachschäden werden nicht reguliert

Der im Praxisbeispiel durch den Auffahrunfall verursachte Sachschaden wird von der dienstlichen Unfallversicherung nicht übernommen. Hier greift die Kfz-Haftpflichtversicherung unmittelbar. Der betroffene Unfallgegner hat zudem einen Direktanspruch gegenüber der Kfz-Haftpflichtversicherung. Er muss sich also nicht erst an Claudia Marquardt wenden, sondern kann direkt mit der Versicherungsgesellschaft regulieren.

5. Tipp: Auch Dienstfahrten sind versichert

Auch wenn Sie oder ein Kollege im dienstlichen Auftrag mit Ihrem Privat-Pkw eine Dienstfahrt oder eine Dienstreise unternehmen, sind Sie die gesamte Zeit versichert. Das gilt für sämtliche Tätigkeiten im dienstlichen Auftrag. Geschieht in diesem Zusammenhang ein Wegeunfall, wird er immer als in Ausübung des Dienstes oder infolge des Dienstes als Dienst- oder Wegeunfall anerkannt.

Mein Fazit: Die gesetzliche Unfallversicherung haftet immer und gewährt dienstlichen Versicherungsschutz, wenn ein Unfall im Zusammenhang mit der dienstlichen Ausübung als Lehrkraft oder Schulleiter geschieht.


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