Nebenjobs von Lehrkräften – was dürfen Sie genehmigen und was nicht?

19.04.2017

Nachhilfeinstitute erleben einen noch nie dagewesenen Boom. Oft ist die Nachfrage je nach Region größer als das Angebot. Aus diesem Grund werden immer mehr Fachkräfte auch für diesen durchaus lukrativen privaten Bildungssektor gesucht. Wenn Ihre Lehrkräfte bezahlte Nebentätigkeiten aufnehmen wollen, sollten sie die rechtlichen Bestimmungen kennen.

Praxisbeispiel: Juliane Müller unterrichtet Deutsch und Geschichte an der Neustädter Hauptschule. In ihrer Freizeit engagiert sie sich im Verein „Das internationale Haus“ bei der Flüchtlingshilfe. Norbert Roth, der Vereinsvorsitzende, bittet Juliane Müller, an 3 Nachmittagen wöchentlich je 2 Stunden bezahlten Nachhilfeunterricht in Deutsch für Flüchtlingskinder zu geben, damit diese einen leichteren Einstieg in der Schule haben. Das örtliche Nachhilfeinstitut „Wir helfen Schülern“ und die Flüchtlingshilfe haben mit finanzieller Unterstützung des kommunalen Sozialamts hierfür einen eigenen Kurs eingerichtet. Juliane Müller geht deshalb zu Schulleiter Paul Sorgsam und bittet ihn, die am Donnerstag in der 7. und 8. Stunde liegende Geschichts-AG auf einen Tag zu verlegen, an dem sie keinen Nachhilfeunterricht erteilt.

Rechtlicher Hintergrund

Jede Tätigkeit, die nicht zum Hauptamt der Lehrkraft gehört, ist als Nebentätigkeit im Sinne der jeweiligen Landesbeamtengesetze zu werten. Eine Nebentätigkeit kann bei verbeamteten Lehrkräften aufgrund eines sogenannten Nebenamts im Rahmen eines öffentlichen Dienstverhältnisses wahrgenommen werden. Nebenbeschäftigungen privatrechtlicher Natur wie z. B. Unterricht am Nachhilfeinstitut sind Nebentätigkeiten im Rechtssinn. Ehrenamtliche Tätigkeit, wie z. B. in Kirchengemeinden oder Sportvereinen gilt nicht als Nebentätigkeit.

Was bedeutet das für Sie?

Wenn eine Lehrkraft mit einer Nebentätigkeit auf Sie zukommt, sollten Sie bei der Beurteilung differenzieren, ob es sich um eine entgeltliche Tätigkeit oder ein Ehrenamt handelt. Halten Sie diese Prüfungsschritte ein.

  • Überprüfen Sie die Art der Tätigkeit
    Wenn eine Lehrkraft neben der hauptberuflichen Tätigkeit eine weitere entgeltliche Tätigkeit übernehmen will, ist dies grundsätzlich zulässig. Dies ist in den Grundrechten auf freie Berufswahl und -ausübung und auf freie Entfaltung der Persönlichkeit niedergelegt (Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz [GG], Artikel 2 Abs. 1 GG). Für eine zulässige Nebentätigkeit muss ein Antrag auf Genehmigung einer solchen Nebentätigkeit vorliegen. Grundsätzlich hat Ihre Lehrkraft einen Anspruch auf Genehmigung.
  • Prüfen Sie die Vereinbarkeit der Nebentätigkeit mit dem Lehramt
    Eine Nebentätigkeitsgenehmigung ist für Lehrkräfte immer dann zu versagen, wenn die Sorge besteht, dass durch diese Tätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden (vgl. § 13 Landesdienstordnung [LDO] Bayern, Artikel 73 Abs. 3 Bayerisches Beamtengesetz [BayBG]). Es kommt deshalb entscheidend darauf an, dass die Nebentätigkeit die Verpflichtungen der Lehrkraft in ihrer Haupttätigkeit nicht beeinträchtigt. Wenn wie im Beispiel die angestrebte Nebentätigkeit dazu führt, dass eine Kollision zwischen Unterrichtsverpflichtung und Nebentätigkeit vorliegt, dürfen Sie die Aufnahme der Nebentätigkeit versagen.
  • Prüfen Sie, ob die Nebentätigkeit zu Mehrarbeit von Kollegen führt
    Das Kollegium darf keine Nachteile dadurch erleiden, dass eine Kollegin eine Nebentätigkeit ausübt. Sie müssen als Schulleiter darauf achten, dass die Nebentätigkeit nicht zu zusätzlichen Unterrichtseinheiten oder Vertretungsstunden für Ihre Kollegen führt. Aus diesem Grund wäre bei dem Anliegen von Juliane Müller im Praxisbeispiel darauf zu achten, dass eine mögliche Verlegung der Arbeitsgemeinschaft nicht zu zusätzlichen Verpflichtungen bei anderen Kollegen führt. Es gilt der Grundsatz, dass der Schulbetrieb mit allen beschäftigten Lehrkräften weiter ordnungsgemäß sichergestellt ist.
  • Prüfen Sie, ob Sie eine Nebentätigkeitsgenehmigung widerrufen müssen
    Sollte die Nebentätigkeit einer Kollegin mit dienstlichen Pflichten kollidieren, müssen Sie die beantragte Genehmigung entweder ablehnen oder die einmal erteilte Genehmigung widerrufen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass das Lehramt durch eine Nebentätigkeit immer dann per se beeinträchtigt ist, wenn die wöchentliche zeitliche Beanspruchung 1/5 der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit überschreitet.

Unser Tipp: Wenn Sie leicht verständliche Übersetzungen von Gesetzestexten und Erklärungen zu allen Rechts- und Sicherheitsfragen, die für den Schulalltag suchen, hilft Ihnen der Fachinformationsdienst „Recht &  Sicherheit in der Schule“ weiter

Prüfen Sie den Nebentätigkeitswunsch genau

Prüfen Sie den Wunsch nach der Aufnahme einer Nebentätigkeit sorgfältig. Sprechen Sie im Einzelfall mit Ihren Lehrkräften, und lassen Sie sich genau schildern, worin diese Tätigkeit besteht und welchen zeitlichen Umfang sie ausmacht. Dann sind Sie auf der sicheren Seite.

Mein Fazit

Unterscheiden Sie genau zwischen ehrenamtlichen Tätigkeiten und einer entgeltlichen Nebenbeschäftigung wie Nachhilfeunterricht. Entgeltliche Nebentätigkeiten sind für Ihre Lehrkräfte lukrativ. Achten Sie daher sehr genau auf die Beanspruchung Ihrer Lehrkräfte durch diese Mehrarbeit.


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