„Unschöne Verzierungen“ durch Steine, beschädigte Rücklichter oder ramponierte Außenspiegel – all das ist sicherlich auch schon bei Ihnen auf dem Schulparkplatz vorgekommen. Der Ärger bei den Betroffenen ist groß. Wer in welchem Fall für derartige Schäden aufzukommen hat, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Praxisbeispiel:
Konrektorin Renate Hoffmann ist voller Stolz: Pünktlich zum Beginn des nahenden Frühjahrs hat sie sich ihren langjährigen Traum von einem Sportcabriolet erfüllt. Am 29.02.2016 kommt sie deshalb voller Freude mit ihrem Wagen auf den Lehrerparkplatz der Neustädter Gesamtschule vorgefahren. Als sie aussteigt, erntet sie einige bewundernde Pfiffe von Schülern der Oberstufe. Der 13-jährige Tom und der 14-jährige Rafi rufen ihr unflätige Bemerkungen hinterher. Rafi ruft laut provozierend: „Ey, Hoffmann, wie sehen wohl weiße Streifen auf deinem schicken blauen Lack aus?!“ Als Renate Hoffmann nach Unterrichtsende um 17:00 Uhr zum Lehrerparkplatz zurückkehrt, finden sich tiefe Lackkratzer in der Fahrertür. Tom und Rafi müssen am Dienstag, den 01. März um 7:30 Uhr zu einem Gespräch bei ihr erscheinen.
Rechtlicher Hintergrund
Schüler im Vorschul- und Grundschulalter unter 7 Jahren haften nicht für von ihnen verursachte Schäden.
Schüler zwischen dem vollendeten 7. und dem vollendeten 18. Lebensjahr haften immer dann für Schäden, wenn ihnen die Verursachung des Schadens zuzurechnen ist (§ 828 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]). Volljährige Schüler haften zivilrechtlich wie jeder andere Erwachsene auch. Bei deliktsfähigen Schülern zwischen 7 und 18 Jahren kommt es für den Umfang der Haftung auf die Einsichtsfähigkeit im Einzelfall an.
Was bedeutet das für Sie?
Lassen Sie Sachbeschädigungen an Autos, die auf dem Schulgelände abgestellt sind, gründlich untersuchen. Machen Sie sich mit den wichtigsten Haftungsgrundsätzen für Ihre Schüler vertraut.
Jeder über 7 kann haften
Geschädigte haben keine Chance, ihren Schaden ersetzt zu verlangen, wenn der Schadensverursacher das 7. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Der Gesetzgeber hat hier einen sogenannten gesetzlichen Haftungsausschluss angeordnet. Grund hierfür ist die Annahme, dass ein Kind unter 7 Jahren nicht in der Lage ist, die Folgen seines Handelns zu erkennen. Es soll deswegen hierfür nicht zur Verantwortung gezogen werden können. Folge: Der Geschädigte kann keinen Schadenersatz verlangen.
Wer die Folgen seines Handelns erkennen kann, haftet immer
Kinder und Jugendliche zwischen dem 7. und dem 18. Lebensjahr sind nach dem Gesetz grundsätzlich zivilrechtlich für Schäden ersatzpflichtig. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass 7- bis 18-Jährige je nach Reifegrad und Entwicklungsstand durchaus die notwendige Einsicht besitzen, die Folgen ihres Handelns abschätzen zu können. Im Praxisbeispiel wissen sowohl Tom als auch Rafi aufgrund ihres Alters genau, was sie tun, wenn sie die Fahrertür des neuen Cabriolets zerkratzen. Verstärkt wird dies noch durch die provokante Aussage von Rafi im Praxisbeispiel. Hier ist sogar anzunehmen, dass jedenfalls einer der beiden die Tat angekündigt und absichtlich gehandelt hat. Die Verantwortlichkeit für eine solche Handlung ist demnach zu bejahen.
Eine Haftung setzt Verschulden voraus
Wer einen Schaden vorsätzlich oder fahrlässig verursacht, handelt nach gesetzlicher Definition schuldhaft. Dabei ist es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht von Bedeutung, ob ein Jugendlicher die Gefährlichkeit seiner Handlung erkennt. Vielmehr müssen für den Fall einer gerichtlichen Klärung dieser Frage die Richter darauf abstellen, ob objektiv ein normal entwickelter Jugendlicher dieses Alters die Folgen seines Handelns erkennen konnte.
Im Praxisbeispiel müssen Sie deshalb davon ausgehen, dass ein normal entwickelter 13-Jähriger ebenso wie ein normal entwickelter 14-Jähriger die Folgen einer Sachbeschädigung erkennen kann.
Schadenersatz und Strafbarkeit sind getrennt zu betrachten
Ein 13-jähriger Schüler – wie im Praxisbeispiel Tom – kann zwar für Schadenersatz haftbar sein gemäß § 823 BGB. Eine Strafbarkeit kommt in diesem Fall jedoch nicht in Betracht, denn Tom ist noch nicht strafmündig. Die Strafmündigkeit beginnt erst mit der Vollendung des 14. Lebensjahres (§ 19 StGB).
Das bedeutet im Praxisbeispiel für Rafi, dass dieser sowohl strafrechtlich für die Verwirklichung einer Sachbeschädigung verantwortlich gemacht werden kann, als auch parallel dazu zivilrechtlich den Schaden ersetzen muss.
Wie Sie als Geschädigter an Geld kommen
Können Sie die betroffenen Schüler davon überzeugen, dass sie ihr Unrecht einsehen und den Schaden ersetzen, sind weitere rechtliche Schritte nicht erforderlich. Ist jedoch zu befürchten, dass keine freiwillige Zahlung erfolgen wird, oder streiten die betroffenen Schüler alles ab, kann die betroffene Lehrkraft nur im Wege des Klageverfahrens ihren Schadenersatzanspruch geltend machen.
Ist die Sachlage eindeutig und sind auch Beweise gegeben, genügt auch bereits ein einfaches gerichtliches Mahnverfahren.
Fazit:
Damit Sachbeschädigungen nicht um sich greifen, sollten Sie diese konsequent ahnden. Machen Sie Ihren Lehrkräften, aber auch Ihren Schülern klar, dass rechtskräftig festgestellte Ansprüche auch noch 30 Jahre lang durchsetzbar sind.
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